Forschung trifft auf Praxis

In unseren Städten gibt es im Prinzip ausreichend Wohnraum, aber dieser Wohnraum ist nicht effizient genutzt. Während einige Menschen auf sehr großer Fläche leben, haben andere Haushalte oftmals nicht genug Wohnraum zu ihrer Verfügung. Auch deswegen lastet gerade auf den Großstädten ein erheblicher Neubaudruck. In der Theorie müsste der Wohnraum in den Städten also “nur” neu verteilt werden, dann würde sich der Neubaudruck auf das notwendige Minimum reduzieren.


Wie kommt es zu der ungleichen Verteilung von Wohnfläche im Bestand?

Es gibt sehr viele Gründe, warum Menschen auf sehr großer oder sehr kleiner Wohnfläche leben. Selbstverständlich kann es sich dabei um eine bewusste Entscheidung handeln. Aber gerade in den Städten, in denen der Druck auf den Wohnungsmarkt immens ist, kann es auch ganz andere Gründe für dieses Ungleichgewicht geben: Hohe Wohnkosten belasten vor allem die geringverdienenden Haushalte, die dann oft in zu kleinen Wohnungen in schlechter Lage unterkommen. Aber steigende Mieten machen den Umzug auch für Bestandsmieter:innen mit gutem Einkommen nicht selten unattraktiv.


In der Praxis ist diese Idee des suffizienten Wohnens natürlich nicht ganz so einfach umzusetzen und dafür gibt es eine Vielzahl von individuellen, kulturellen, ökonomischen und politischen Gründen. OptiWohn ist als Forschungsprojekt mit dem transformativen Anspruch angetreten, diese Lücke zwischen Theorie und Praxis zumindest in Teilen zu schließen. Das ist eine große Aufgabe, denn die Frage wie wir wohnen ist gleichermaßen komplex wie sensibel. Deswegen ist es uns ein besonderes Anliegen, mit diesem Forschungsprojekt, das vom Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung im Rahmen der Förderlinie “Ressourceneffiziente Stadtquartiere” gefördert wird, wissenschaftlich valides und “sozial robustes” (Helga Nowotny) Wissen zu generieren.

(Bildnachweis: Pixabay mit CC0-Lizenz)


Wir stellen uns in diesem Projekt also die Frage, wie Kommunalverwaltungen die suffiziente Nutzung des bestehenden Wohnraums unterstützen können. Antworten darauf suchen zunächst die Wissenschaftler:innen im Projektteam. Sie analysieren vorausgegangene Ansätze  – vom einzelnen Wohnprojekt bis hin zur Wohnraumbörse bzw. zur Tauschplattform – um zu verstehen, welche Faktoren und Rahmenbedingungen Erfolg versprechen und welche sich nicht bewähren konnten. Und sie befragen Menschen in Deutschland zu ihren Wohnvorstellungen und ihrer Bereitschaft zu suffizientem Wohnen. Dabei erhoffen sie sich ein besseres Verständnis der aktuellen Wohnkultur. Dieses Wissen, das über sozialwissenschaftliche Methoden generiert wird, soll möglichst direkt in die Praxis wirken.


Transformativ und transdisziplinär – was heißt das?

Transdisziplinäre Forschung bezieht gesellschaftliche Akteure aktiv in den Forschungsprozess mit ein, anstatt sie “nur” zu beforschen. Und transformative Forschung bringt Wissen aktiv in laufende Veränderungsprozesse ein. Wo traditionelle Wissenschaft einzig dem Erkenntnisinteresse verpflichtet ist, möchte transformative und transdisziplinäre Wissenschaft gleichzeitig gesellschaftlich notwendige Veränderungen beschleunigen. Zu diesem Zweck werden verschiedene Wissensbestände aus unterschiedlichen Disziplinen und von unterschiedlichen Akteuren integriert und reflektiert.

Mit OptiWohn möchte das Projektteam einen Beitrag zur Lösung von unterschiedlichen, sich gegenseitig beeinflussenden Problemen in der Entwicklung von Städten in Deutschland leisten (siehe suffizientes Wohnen).


Deshalb besteht das Projektteam nicht nur aus wissenschaftlichen Mitarbeiter:innnen, sondern auch aus Vertreter:innen der drei beteiligten Kommunen Göttingen, Köln und Tübingen. Sie werden im Laufe des Projektes kommunale Wohnraumberatungen gründen oder das Programm der bereits bestehenden Beratungsangebote bedarfsorientiert ergänzen. Sie werden noch während der Projektlaufzeit mit der Beratung von Menschen beginnen, die auf die eine oder andere Art ihr Wohnen suffizienter gestalten möchten. Und weil wir im Rahmen von OptiWohn nicht nur auf der analytischen, konzeptionellen und beratenden Ebene bleiben wollen, haben wir auch das Team der werk.um Architekt:innen an Board. Sie werden Ratsuchende konkret bei dem Umbau der eigenen Wohnung unterstützen und entwerfen für typische Mehrfamilienhäuser in deutschen Städten suffiziente Grundrisse, die zeigen, wie Bestandswohnungen in größerem Stil so umgebaut werden können, dass sie dem aktuellen Wohnraumbedarf in den Städten besser entsprechen.

 


Das Projekt OptiWohn ist eines von insgesamt 12 inter- und transdisziplinären Forschungsprojekten der Initiative “Ressourceneffiziente Stadtquartiere” (RES:Z), die ihrerseits Teil der Leitinitiative “Zukunftsstadt” im Rahmen des Programms “Forschung für nachhaltige Entwicklung – FONA3” ist. Gefördert wird das Projekt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung.