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Zehn-Punkte-Plan für flächensparendes Wohnen

Zehn-Punkte-Plan für flächensparendes Wohnen

Instrumente und Maßnahmen

Wie können wir dem Wohnraummangel in wachsenden Städten angemessen begegnen und gleichzeitig ökologisch und sozial nachhaltig wohnen? Die Antwort liegt auch in flächensparendem – oder suffizientem – Wohnen. Denn das Bauen neuer Häuser und Wohnungen belastet das Klima von der Herstellung der Baustoffe bis zum Heizen der entstandenen Neubauten, dazu kommt der Flächenverbrauch. Es gilt also, weniger neu zu bauen und stattdessen bereits vorhandene Bestandsgebäude besser zu nutzen. 

 

Welche Instrumente dafür vorliegen, zeigt nun ein „Zehn-Punkte-Plan für flächensparendes Wohnen“ von acht Wissenschaftler:innen, die teilweise auch im OptiWohn-Projekt mitarbeiten. Der Plan bezieht sich auf eine neue Studie des Wuppertal Instituts zum 1,5-Grad-Ziel für „Fridays for Future“. Diese legt den Schwerpunkt auf Energieeffizienz von Gebäuden, weist aber bereits deutlich darauf hin, dass das nicht ausreicht und verweist explizit auf Maßnahmen für flächensparendes Wohnen. Diese liefert der Zehn-Punkte-Plan:

 

„Es gibt bereits zahlreiche gute Beispiele für flächensparendes Wohnen in Kommunen und Wohnungsgesellschaften“, sagt Initiator Daniel Fuhrhop.

 

Soziale Projekte des Zusammenwohnens und der Wohnraumvermittlung führen häufig – quasi als Nebeneffekt - auch zu einer besseren Nutzung vorhandener Wohnflächen. Die Forschung zur Flächensuffizienz liefert vielversprechende Instrumente, die jetzt großflächig erprobt werden sollten.

 

Im Folgenden erläutern wir die 10 Instrumente für flächensparendes Wohnen, die Maßnahmen präsentieren, die den Trend steigender Wohnfläche pro Person stoppen könnten. 

 

  1. Kommunale Aktionsstellen zur effizienten Wohnraumnutzung mit Beratung für Eigentümer:innen, um vorhandenen Wohnraum besser zu nutzen. Diese Stellen arbeiten ähnlich wie bestehende Energie- und Klimaschutzagenturen und können diese ergänzen oder mit ihnen zusammenarbeiten. 

  2. Bauliche Teilung von Ein- und Zweifamilienhäusern zur Abtrennung einer abgeschlossenen Wohnung oder Einliegerwohnung. Dabei Einführung eines „Bestandsschutzes für Altbau“, so dass nur für neue Bauteile neue Auflagen gelten. Ausbau der Förderung für solche Maßnahmen; offensive Bewerbung der bestehenden Fördermöglichkeiten durch die KfW.

  3. Soziale Wohnraumvermittlung (bei sozialen Wohnraumagenturen, kirchlichen und kommunalen Trägern und der freien Wohlfahrt). Sie mobilisiert leerstehenden Wohnraum und vermittelt ihn an Menschen mit besonderem sozialem Bedarf. Dafür begleitet sie vermietungswillige Eigentümer:innen mit Mietgarantien und Renovierungszuschüssen (etwa nach dem Vorbild von „Wohnraum durch Akquise“ in Karlsruhe und dem „Raumteiler Baden-Württemberg“).

  4. Professionelle Vermittlungsstellen von „Untermietern ohne Untermiete“ nach dem Modell „Wohnen für Hilfe“ (etwa nach dem Vorbild von Homeshare UK sowie dem belgischen 1toit2ages).

  5. Alternative Wohn- und Nutzungskonzepte, beispielsweise Mehrgenerationen-Wohnungen und gemeinschaftliche Wohnprojekte, abhängig von der Wohnfläche pro Kopf und von der Erstellung eines Konzepts für die dauerhaft flexible Wohnraumnutzung.

  6. Förderung flexibler Wohnformen wie Clusterwohnungen, Schalträume und Jokerzimmer, teilbare Wohnungen; insbesondere deren Berücksichtigung in den Landesförderprogrammen für Wohnraum.

  7. Ganzheitliches Umzugsmanagement, insbesondere in und zwischen kommunalen Wohnungsgesellschaften sowie Wohnungsgenossenschaften (bei beiden auch mit Belegungsvorgaben bei Neueinzug), mit Umzugsberatung, Zuschüssen und Prämien, Tauschprogrammen mit Wohnraumbörse, Garantie bisheriger Quadratmetermiete bei Verkleinerung, sowie Alternativangeboten für Umzug in direkter Nachbarschaft.

  8. Förderung aller an den oben genannten Instrumenten beteiligten Beratungs- und Vermittlungs-Akteure für den in Altbauten geschaffenen Wohnraum durch einen Zuschuss, abhängig von der mit Wohnraum versorgten Personenzahl oder den genutzten Quadratmetern.

  9. Leerstand von Wohnraum erfassen (Kataster) und beseitigen, insbesondere spekulativen Leerstand.

  10. Wiederbelebung leerstehender Wohnräume nach dem Modell „Jung kauft Alt“ (nach dem Vorbild von Hiddenhausen und anderen).

Die Instrumente für flächensparendes Wohnen sollten zu einem ganzheitlichen Programm kombiniert werden, das operativ vor allem in den kommunalen Aktionsstellen durchgeführt wird. Der Zehn-Punkte-Plan kann hier im PDF-Format heruntergeladen werden. 

Unterzeichner:innen des Plans:

Daniel Fuhrhop (Carl von Ossietzky Universität Oldenburg), Tanja Kenkmann und Corinna Fischer (Öko-Institut e.V.), Julia Siedle (Bergische Universität Wuppertal), Anja Bierwirth (Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie), Lars-Arvid Brischke und Angelika Paar (ifeu – Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg gGmbH), Immanuel Stieß (ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung)


Weiterführende Information:

Im Rahmen von OptiWohn arbeiten die Projektpartner und vor allem die Partnerstädte Göttingen, Köln und Tübingen an der Frage, wie solche kommunalen Aktionsstellen lokal ausgestaltet sein sollten. Der Projektansatz kann hier nachgelesen werden.


Autor:innen:

Daniel Fuhrhop

Daniel Fuhrhop ist Betriebswirt, war 1998-2013 Architekturverleger (Stadtwandel Verlag) und forscht im Rahmen von OptiWohn an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg (Ökologische Ökonomie) vor allem zu “Wohnen für Hilfe”. 

Lena Peter

Lena Peter studiert im Master Sozialwissenschaften mit dem Schwerpunkt Stadt- und Regionalentwicklung und arbeitet als wissenschaftliche Hilfskraft im Forschungsbereich Stadtwandel am Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie.